Die Initiative für eine Grüne Wirtschaft hatte zum Ziel, den Ressourcenverbrauch der Schweiz auf ein verträgliches Mass zu drosseln. Ein Problem auf dem Weg zu einem sorgsameren Umgang mit Energie und anderen Ressourcen ist der sogenannte Rebound: Effekte von Effizienzgewinnen, die zur Verlagerung des Eingesparten führen (der Motor erbringt zwar die gleiche Leistung mit weniger Treibstoff, dafür hat das neue Auto jetzt eine Klimaanlage und mehr PS …) und die Umwelt unter dem Strich gar nicht entlasten. Rebound-Effekte machen Effizienz-Fortschritte zunichte.
Wie gehen die Grünen mit der Rebound-Problematik um? Die Initiative für eine Grüne Wirtschaft, über die wir am 25. September abgestimmt haben, wollte die Wegwerfwirtschaft durch eine Kreislaufwirtschaft ersetzen. Produkte sollten qualitativ hochwertig, reparierbar, nachrüstbar und am Ende ihrer Lebensdauer vollständig rezyklierbar sein und der Energieverbrauch massiv gesenkt werden mit dem Ziel, die Schweizer Wirtschaft bis im Jahr 2050 nachhaltig zu machen. Entscheidenes Kriterium dafür ist der ökologische Fussabdruck, der die Umweltbelastungen messbar macht. Er soll eine Erde nicht übersteigen; heute braucht der Schweizer Lebensstil mehr als drei Erden, verbraucht also dreimal so viel Ressourcen und hinterlässt dreimal so viel Müll, wie der Planet verkraften kann. Indem die Initiative für eine Grüne Wirtschaft den ökologischen Fussabdruck als Messgrösse definiert, räumt sie auch mit dem Rebound-Effekt auf.
Über die Frage, welche Auswirkungen ein solcher Umbau der Wirtschaft auf unsere Gesellschaft hätte, gehen die Meinungen auch im ökologischen Lager auseinander. Während Grünliberale auf technologische Lösungen bauen (was einem «weiter wie bisher, aber sauberer» entspricht), stellen viele Grüne aus einer linken Perspektive auch das herrschende Wirtschaftssystem infrage (dies war allerdings nicht Teil der Initiative). Das vorherrschende kapitalistische Wirtschaftsmodell steht einem sorgsamen Umgang mit Ressourcen und einer Senkung der Umweltbelastung grundsätzlich im Wege, weil es zwingend auf Wachstum angewiesen ist – ein Wachstum, das nur mit hohem Energie- und Ressourcenverbrauch möglich ist.
Die gegenwärtig geführte Rentendiskussion führt uns die Problematik des Wachstumszwangs vor Augen: Wenn Bevölkerungszahl und Wirtschaftsleistung nicht wachsen, funktioniert das Rentensystem nicht mehr. Die Schweiz braucht Zuwanderung für die AHV und Wirtschaftswachstum für die Pensionskassen, damit das System nicht zusammenbricht. Das Problem hat globale Dimensionen: Der Kapitalismus hält die ganze Menschheit als Geisel; schrumpft die materialistische Wirtschaft, droht die Welt im Chaos zu versinken. Schrumpft sie aber nicht, zerstören wir unwiderruflich die Lebensgrundlagen der kommenden Generationen.
Dieses grundsätzliche Dilemma unserer Zivilisation können wir nicht bei uns im Aargau lösen. Was wir aber tun können, ist uns ein Stück weit aus der Abhängigkeit befreien, indem wir unsere Gesellschaft und ihren Zusammenhalt stärken, und zwar von unten nach oben, von den nachbarschaftlichen Gemeinschaften bis hinauf zum Staatswesen. Die Altersvorsorge stärken wir mit der Förderung von Wohnformen, die Jung und Alt zusammenbringen. Das entlastet nicht nur die Sozialwerke, sondern bringt uns auch menschlich wieder näher zueinander. Nachbarschaftsnetzwerke helfen uns, mit weniger materiellem Ballast auszukommen und dennoch keinen Mangel zu leiden: Dinge teilen statt besitzen, uns gegenseitig aushelfen statt Dienstleistungen einkaufen, sei es im Haushalt, im Garten, mit Rat und Tat. Das stärkt die Resilienz der Gemeinschaft und ist eine unverzichtbare Grundlage für eine postkapitalistische und postkonsumistische Gesellschaft.
Um den ökologischen Fussabdruck tatsächlich zu verkleinern, muss die Leistung der materialistischen Wirtschaft sinken. Es braucht dazu einen Wertewandel hin zu einem «weniger ist mehr». Weniger Konsum heisst auch mehr Freiraum für Kreativität und Gestaltung. Weniger Lohnarbeit heisst mehr Zeit für Familie und Freunde, für freiwilliges Engagement, für Kunst und Kultur, für Selbstverwirklichung, Müssiggang und Lebensfreude.
Konsum wird heute von vielen als Tröster in einem grauen Dasein empfunden. Diese Leere gilt es statt mit Konsumgütern mit Sinn zu füllen. Ein massvoller, bewusster Konsum ist auch eine Hoffnung auf eine lebenswertere, menschlichere Zukunft.